Wenn du auf Reisen bist, gibt es keine Selbstzweifel, Probleme, zwischenmenschliche Konflikte und Ängste!
Die Welt ist voller Sonnenschein, dein altes Ich zuhause geblieben und die Menschen auf einmal viel netter. Das Wort Angst kannst du aus deinem Wortschatz streichen und auch die Herausforderungen im Leben bleiben aus. So oder so ähnlich habe ich vor vielen Jahren gedacht, als mir zum ersten Mal der Gedanke an eine Reise um die Welt kam!
Jahre hat es gedauert, bis wir unser ganzes Erspartes zusammengekratzt hatten um es in unser Wohnmobil zu investieren. Bis es soweit war, letztes Jahr im September, sind wir durch ein Meer an Gefühlen geschwommen. Ist es die richtige Entscheidung? Wollen wir das wirklich? Wenn ja, welche Art von Reisen möchten wir? Mit dem Flugzeug, Zelt, Womo? Lösen wir den kompletten Haushalt auf oder hamstern wir die Sachen irgendwo? Ist das für die Entwicklung unserer Kinder förderlich? Und für unsere sichere Zukunft? Welche Plätze der Erde wollten wir eigentlich schon immer mal sehen? Europa, Asien, Amerika oder gar Afrika, zu den großen Tieren? Ich habe mir bereits vor mehr als acht Jahren meinen großen Traum erfüllt, indem ich nach Australien geflogen bin. Ganz allein, voller Vertrauen und ohne die PIN meiner Kreditkarte. Damals stand ich da und hatte nur noch sehr wenig Geld und ich wusste für einen kurzen Moment nicht mehr weiter. Ich weiß nicht wie und warum, aber damals blieb ich vollkommen gelassen. Ich traf Entscheidungen ganz spontan und machte jeden Tag, worauf ich Lust hatte. Und auf den allerletzten Drücker bekam ich einen Job in der Nähe.
Heute ist das etwas anders. Ich bin Mutter dreier Kinder, habe meinen Herzensmann an meiner Seite, ich reise mit dem Wohnmobil durch Italien und wir sind seit fünf Monaten unterwegs. Morgen reisen wir weiter Richtung Norden, um im Mai nach sechs Monaten die Familie wiederzusehen. Und ich muss ganz ehrlich gestehen, ich bin noch nicht fertig! Ich freue mich total auf das deutsche Klima, die deutschen Läden und das mir Vertraute und dennoch habe ich immer wieder das Gefühl, es ist noch nicht so weit. Wir hatten in der Zeit, in der wir reisen sehr viele Herausforderungen mit unserem Auto, waren insgesamt sechs Mal in der Werkstatt und haben sehr viel Geld durch Reparaturen verloren. Da wir beide keinen blassen Schimmer vom Campen hatten, haben wir Stück für Stück gelernt, was ein Wohnmobil ist, was alles kaputt gehen kann, wie man es reparieren könnte und welche organisatorischen Schritte notwendig sind, um ein Leben auf so kleinem, engem Raum für alle schön zu machen. Ich glaube, dieser Abschnitt hat bis vor zwei Wochen angehalten.
Anfangs suchten wir verzweifelt nach guten Plätzen zum Stehen, wir wussten nicht, dass es kostenfreie Plätze gibt, wir hatten keine Ahnung, dass auch Tankstellen oft über Wasser verfügen usw. Wir sind tatsächlich voll ins Blaue gefahren. Ich hatte bis dato noch nie in einem Wohnmobil geschlafen, geschweige denn gelebt. Auch für unsere Kinder war und ist es oft noch eine Herausforderung, wenn sie leise sein müssen, weil die Schwester schläft, wenn wir ihnen den Tisch zum Malen entwenden müssen, weil es bald Essen gibt und wenn wir wieder mal irgendwo stehen und auf Ersatzteile warten. Sie freuen sich sehr auf ihre Verwandten, Bekannten und Freunde und ich freue mich mit ihnen, denn ich spüre schon seit einem Monat, dass es für sie Zeit ist, nachhause zu kommen. Ich hingegen habe oft noch das Gefühl, unruhig zu sein. Ich mache mir viele Gedanken, beschäftige mich mit nervtötenden Dingen wie der Familienkasse, die uns das Kindergeld gestrichen hat. Ich denke sehr viel über mein Leben nach. Immer wieder kommen Zweifel und auch Sorgen, dass wir den richtigen Platz nicht finden werden. Manchmal schwindet das Vertrauen in unseren Weg, wenn sich unruhige Gedanken mit dem Alltag zu sehr vermischen.
Denke ich an unser Dasein vor dem Wandel, so wird mir ganz anders. In eine Wohnung zurück? Auf keinen Fall! Das wollen wir alle nicht. Wieder in einer Stadt leben? Nein, danke. Unser aller Vorstellungen vom Leben sind ziemlich exakt und passen gut zueinander. Die Frage ist nur, wo gibt es den dazugehörigen Ort und vor allem die passenden Menschen? Für mich fühlt es sich so an, als wäre die Reise nach Italien ein Einstieg. Ein Einstieg in eine neue, unbekannte Welt. Und als hätten wir in dem halben Jahr sozusagen die Basics ausprobiert und gelernt. Mit jeder Woche die wir reisen, werden wir routinierter und die Abläufe klarer. Wir finden befriedigende Arbeitszeiten und gute Orte zum Verweilen. Wir kennen unser Wohnmobil Karl-Heinz nun ziemlich genau und können uns darauf einstellen. Auch haben wir eine Vision von dem, was wir beruflich neu aufbauen möchten, denn in ein Angestelltentum wollen wir keinesfalls erneut gehen. Mir kommt immer mal der Gedanke, ob der Besuch in der Heimat vielleicht meinen Prozess stören könnte!? Denn, ich liebe das Leben in der Natur. Ich liebe es, am Morgen aufzuwachen und sofort raus zu gehen und auf der Decke zu frühstücken.

Zwar haben wir hier keine langweilige Routine mehr, was ich sehr schätze, dennoch nimmt sich wohl jeder Mensch immer selber mit. Ganz egal, an welchem Ort er sich befindet. Das Außen, also meinetwegen die Natur, das Meer, der Schnee, die Schmetterlinge und Hummeln, können mich beflügeln und setzen neue Kräfte in mir frei. Das Innen, das Ungeklärte will gleichzeitig weiterhin gesehen werden und schiebt sich mit aller Kraft an die Oberfläche bis ich es wirklich anschaue und bearbeite. Und da bin ich dran. Ich sehe mich. Ich sehe, was sich zeigen will und ich kümmere mich darum. Das tut gut, denn hier gibt es kaum mehr Ablenkung als meine Familie. Hier gibt es niemanden, der zusätzlich Schwere oder Themen mitbringt, außer uns. Da hat mit Wegrennen nichts zutun. Ich stelle es mir so vor: Schon vor einigen Jahren hatte ich das Bedürfnis, mal wieder in ein Schweigekloster zu gehen. Einfach mal zehn Tage lang die Klappe halten. Ich habe mir diesen Luxus nicht herausgenommen, denn meine Kinder waren einfach noch zu klein. Ich weiß aber aus eigener Erfahrung, dass diese Seminare wahre Wunder bewirken. Nach meinem letzten Seminar hatte ich völlig neue Gedanken und Ideen. Durch einen ähnlichen Prozess gehe ich nun hier. Nur völlig anders. Ich bin gespannt wie es ist, wenn wir deutschen Boden betreten, Menschen wiedersehen und Veränderungen wahrnehmen, die in der Zeit unserer Abwesenheit passiert sind.
Ich werde sehr bewusst sein und nicht aufhören zu lernen, Dinge zu tun, die mir richtig gut tun. Einen Tisch in meinem Lieblingscafe´ habe ich jedenfalls schon reserviert. Auch werde ich mit meinem Sohn in sein Lieblingscafe´ gehen und wir werden sauleckeres veganes Eis essen. Darauf freue ich mich jedenfalls schon riesig!
Welcher ist dein Weg? Macht er dich glücklich und froh? Wachst du morgens auf und bist dankbar für das, was du Dein Leben nennst? Wie gehst du mit Sorgen und Zweifeln um? Ich freue mich über jeden Kommentar!
6 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Danke für diesen interessanten Einblick.
Ich reise selbst auch mit dem Womo… mal für ein paar Tage, aber auch immer wieder für viele Monate…. allerdings alleine.
Meine Erfahrungen der letzten Jahre haben ganz klar gezeigt… ein komplettes Leben nur in Tour, nur im Womo… wäre nichts für mich.
Ich liebe es über Monate durch Europa zu tuckern, ohne große Pläne, da bleiben wo es mir gefällt, mal nur eine Nacht, häufig deutlich länger.
Aber irgendwann kommt immer der Tag, da sehne ich mich nach meiner Wohnung, meiner Familie, meiner Badewanne, kochen mit viel Platz und den Bekannten und Freunden.
Sobald ich dann zuhause bin, genieße ich auch diese Zeit… schließlich steht das Womo ja vor der Tür und wenn ich möchte, bin ich wieder unterwegs.
Das ist ja das schöne am eigenen Wohnmobil, dass man Touren kann wann man möchte… ohne große Vorbereitungen… ohne lange Pläne oder gar genaue Routen.
Motor ein, Gas und schauen wo der Weg hin führt…
Liebe Grüße und ich wünsche euch eine schöne Zeit im Kreise eurer Familie, Freunden und Bekannten in Deutschland.
Isa
Danke Isa,
wir wünschen dir ebenfalls ein schönes Fest 🙂
Hallo Ihr Lieben…Ich lese Katharinas Berichte besonders interessiert, zumal sie ungewöhnlich sind und auf anderen Wegen – eine farbenfrohe Mischung von Philosophie und Abenteuerlust. Danke !!
Katharinas Berichte schätze ich als Beispiele für die seltene Kunst der Selbstreflexion und damit für den Weg zum Selbst – zum Selbstbild meine ich. Das gehört zu der schwierigen Frage : „Wer bin ich ?“ Ich finde, Katharinas Texte könnten veröffentlicht werden, weiß allerdings nicht wie. Sie motivieren zu dem „ganz Anderen“ in unserem Dasein – und zum Geheimnisvollen.
Nochmals Dank und Grüße Martin
Ach Martin, vielen Dank für die Blumen. Bisher habe ich noch nicht mit dem Gedanken gespielt, meine Texte weiter zu veröffentlichen, sie sind ja auch schon hier für alle zu lesen. Du kannst bei Interesse gerne meine Berichte mit Anderen teilen. Das geht ganz einfach indem du jeweils unter dem Text auf den Brief klickst und dann in einer Mail den Link zu diesem Text weiterleist an wen du möchtest.
Ich sende dir sonnige Grüße aus Italien, Katharina
mh, im Grunde solltet ihr wohl noch nicht zurück kommen, ohne laufendes Geschäft,
das Bewusstsein kommt wenn ihr zueinander steht
Lieber Ilja,
dankesehr für deine Worte. Da unsere Familie aus fünf Individuen besteht, ist es für mich in Ordnung, auch die Wünsche der Kinder zu respektieren. Wir werden demnach nach Deutschland fahren und gut auf uns aufpassen.
liebe Grüße, Katharina