Wir waren schon immer schnelle Entscheidungstreffer! Sagt der Bauch Ja, so zögern wir nicht und setzen Gedanken in Taten um.
So auch mit der Entscheidung (vorläufig) nach Deutschland zurückzukehren.
Und jetzt sitze ich hier an Quarantäne Tag sechs, genieße den ganzen Tag schon die Sonne und das traumhafte Frühlingswetter und kriege meine Gedanken langsam aber sicher sortiert.
Die Fährfahrt über 18 Stunden verlief glimpflich. Wieso benutze ich dieses Wort?
Weil ich Fährfahrten einfach hasse! Sobald es schaukelt wird mir nicht nur übel, ich krieg auch noch üble Panik. Die tiefe See unter mir zu wissen, lediglich getrennt durch ein „bisschen Schiff“, gleicht eher dem Start einer Rakete ins Weltall, als einem hingebungsvollen Wellenritt.
Ich hatte mich demnach dazu entschieden, meinem mittelgroß ausgeprägten Kontrollbedürfnis, gepaart mit einem überdimensionalen Sicherheitswahn, nachzugeben und die dunkle Nacht auf der irischen See gegen jegliche Art Müdigkeit anzukämpfen.
Sehr zum Glück von Jolo übrigens, unserem Hund! Wir verbrachten Stunden auf dem Außendeck und schauten gemeinsam auf das tiefschwarze ruhige Meer mit seiner unendlichen Weite. Unsere Seelen verstanden sich ohne Worte, denn auch ihm war diese ganze Überfahrt von Rosslare nach Cherbourgh offenbar nicht ganz geheuer. Mein Bestie eben – Kumpel in jeder Lebenslage!
Und ich hatte es annähernd geschafft. Nur eine Stunde lang schlossen sich meine Augen in dieser Nacht ganz von alleine und meinunruhiges hin -und her Gewälze wiegte mich unsanft in den Schlaf. Zum Leidwesen von Peter, der ein single Bett mit mir teilen musste und sich als tiefenentspannter Kompagnon entpuppte, der gerne in Ruhe die Nacht durchgeschlafen hätte.
Sobald die Stena Line den Hafen erreichte wurde mein Herz ruhiger und meine Chancen auf Rettung stiegen verstandesmäßig exponentiell an.
Und nachdem wir dann letztlich noch eine dreiviertel Stunde im Auto sitzen durften bevor man uns in die Freiheit entließ, kämpften wir mit dem Gestank von Tierfäkalien in der Luft. Neben uns mehrere Viehtransporter mit schreienden, beißenden Schweinen drin, mit blökenden kleinen Lämmern, die ihre Mama vermissten (meine Deutung, ich konnte sie leider nicht fragen…) und mit Pferden, die vor Erschöpfung gegen die Wand ihres Anhängers traten. Allesamt eingesperrt seit vielen vielen Stunden. Allesamt offensichtlich und verständlicherweise nervlich am Arsch!
Dass ich seit 10 Jahren vegetarisch lebe, meinen Kindern aber dennoch Wurst erlaube, sofern sie das einfordern (was ca. 2x im Jahr vorkommt), hatte ich bereits erwähnt oder?
Dass wir Menschen uns nach wie vor jedoch rausnehmen andere Lebewesen wie Scheiße zu behandeln und zulassen, dass sie sich aus Platzmangel gegenseitig verletzen oder töten, ist ein Verbrechen! Und dass jeder Mensch dieser Erde, der Fleisch und Milchprodukte aus Massentierhaltung (am besten natürlich gar nichts davon) seinen abartigen Beitrag für leidende Tierseelen leistet, muss nicht ernsthaft noch erwähnt werden, oder?
Ich bin nach wie vor zutiefst geschockt über die Zustände dieser Wesen, die keine Chance haben sich zu wehren und denen unendliches Leid angetan wird.
Ok, genug mit Moralapostel. Obwohl…
Die Reise zu unserem Quarantäneziel in Deutschland hat uns insgesamt 56 Stunden mit einer Zwischenübernachtung gekostet. Unsere Kinder haben ganz toll mitgemacht und man merkt ihnen ihre Reiserfahrenheit so sehr an. Darüber sind Peter und ich unglaublich dankbar!
Mit kalten Nächten und dem Wiedereinbruch des Winters begrüßte uns also das Land, welches wir für uns acht Monate vorher bereits abgewählt hatten.
Doch neben all dem Stress und den Sorgen um unseren weiteren Weg gesellte sich kurzerhand wieder dieses eine Gefühl dazu.
Hallo, ihr seid getragen. Es gibt immer eine Lösung! flüsterte es unentwegt an meinen Ohren. Und mit jedem Mal erweichte mein Herz noch mehr und zerfloss letztlich im tiefen Wissen über das unerschütterliche Vertrauen ins Leben!
So sitze ich also hier im Garten meiner Schwiegereltern, trinke einen Kaffee, schaue meinen Kindern beim Toben zu und fokussiere mich auf das, was bald ansteht: Ein neues Zuhause für meine Familie zu finden.
PS: Im nächsten Artikel wird es nochmal ganz konkret um die Gefühlswelt gehen. Wie fühlt man sich nach so einer Entscheidung und wie schafft man es, im Kopf flexibel und spontan zu bleiben wenn Lebenspläne sich kurzerhand ändern.
Ich werde über Themen wie Wut, Ohnmacht, Trauer und Hilflosigkeit sprechen und zeigen, wie ich diese unangenehmen Emotionen für mich umwandeln kann. Und wie du es auch kannst.
Sei gespannt (wie ein Flitzebogen) 🏹