Der Kartoggelgratin wird gut, ich spüre es einfach.
Die roten, klein gehackten Zwiebeln brutzeln in der Pfanne und der Geruch von gekochten Möhren steigt mir in die Nase, als ich den Knopf der Dunstabzugshaube betätige und endlich dieses lästige Geräusch los bin.
Christina Aguilera singt kraftvoll „Come on over, come on over baby“, als alle Zutaten bereit sind und ich mich ans Fenster stelle, um den Auflauf zu schichten.
So lange schon koche ich vegan und immer eine Form ohne Käse. Seit mein Sohn sich vor sechs Jahren dazu entschied keine tierischen Produkte mehr zu essen, blieb mir nichts anderes übrig als zu improvisieren. Seitdem findet sich weder Sahne noch Kuhmilch in unserem Kühlschrank und mein Kopf denkt im Laden von ganz alleine an eine vegane Alternative zu Milcheis.
Das Fenster der Küche ist angekippt, als sich die zart duftenden Kartoffelscheiben mit der Soße vermischen und ich lauthals singend, wie so oft mit der Hüfte wackelnd an der Ablage stehe und plötzlich jemanden vorm Küchenfenster bemerke.
Mein Blick wendet sich vom Gemüse ab und ich schaue interessiert, wer da wohl steht. Da wir an einem Berg leben, liegt unser Fenster höher als normal und ich erblicke die drei tanzenden Jungs eher als sie mich.
Jetzt haben die ernsthaft vor dem schallenden Fenster angehalten und bewegen unbefangen ihre Arme, Beine und die Köpfe zu der lauten Musik.
Mein breites Grinsen lässt sich nicht mehr aufhalten und ich erfreue mich innerlich über die Leichtigkeit dieser kindlichen Wesen, als sich der Blick eines Jungen mit meinem trifft und er abrupt seine Bewegungen stoppt.
Sein Blick weicht dem meinen aus, doch ich grinse weiter und signalisiere ihm meine Freude. Und dann passiert etwas interessantes: Nur wenige Sekunden später schaut auch er wieder zu mir auf und grinst zurück. Fast magisch scheint er zu verstehen, dass auch ich eine kindliche Ader in mir trage und nicht grinse weil ich ihn und seine Freunde bewerte oder lächerlich finde, sondern an ihrer Freude teilhaben möchte.
Schon bald verschwinden die drei auf ihren Fährrädern und ich mache mich weiter ans Werk.
Die Küche gleicht einem Schlachtfeld als ich beginne, jede Ritze von Spritzern der Vorbereitung auf ein leckeres Mahl zu bereinigen. Dreckige Messer, die Käsereibe, ein nach Zwiebeln riechendes Holzbrettchen und etliche Schüsseln, Töpfe und Pfannen stapeln sich direkt neben der Spülmaschine, als ich mich intuitiv der Musik von Jason Derulo mit lifestyle hingebe, meine Augen schließe, an nichts mehr denke, den mich umgebenden Raum als endlos wahrnehme und beginne, meinen Körper ganz im Rhythmus der Musik zu bewegen.
Als meine Lippen automatisch zu singen beginnen und meine Füße sich auf dem warmen Boden zu drehen beginnen, weiß ich, dass dies einer dieser Augenblicke ist, die die Freiheit meiner Selbst vor meinem inneren Auge aufleuchten lassen und dieses Gefühl von Selbstermächtigung ganz deutlich aufzeigen.
Einer dieser Augenblicke in meinem Leben in dem alles KANN und nichts MUSS.
In denen ich mich als eine ungezähmte, verspielte und geliebte Frau wahrnehme, die ich von Geburt an in meinem Herzen bin!
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Wieder mal ganz toll geschrieben!
Ich danke dir 🥰