Es gibt sie tatsächlich, die Kinder, die von morgens bis abends Programm haben.
Es beginnt am Morgen mit dem Kindergarten oder der Schule, geht über den Nachmittag mit Freizeitaktivitäten und endet am Abend mit den Hausaufgaben oder einem müden Kind. Am Wochenende, macht man dann Familienausflüge oder trifft die Oma, übt für den Klarinettenunterricht und geht mit Freunden ins Kino. Die Woche beginnt von vorne.

Bereits kleine Kinder von einem Jahr, bekommen ein Aktivitätsprogramm übergestülpt, welches bei mir unwillkürlich Bauchschmerzen hervorruft. Warum das so ist? Weil ich ein ganz klarer Befürworterin der Langeweile bin!
Langeweile ist gut fürs Gehirn
Mal ganz davon abgesehen, dass ich auch Bindungsprobleme sehe, hat die Hirnforschung heutzutage Belege dafür, wie gut Langeweile für das Gehirn sein kann. Ich habe als Mutter meiner Kinder von Beginn an gespürt, dass ich die vermeintlich unaushaltbare Situation der Lange(n)-Weile nicht unterbinden möchte, in dem ich für meine Kinder jederzeit Beschäftigungen parat habe oder Treffen mit Freunden organisiere oder oder. Ganz klar äußere ich mich jedoch gegen das Verhalten mancher Eltern, die meinen, beim Weg der Unbeschulung oder kindergartenfrei, das Kind komplett auf sich gestellt zu lassen. Ich kenne Familien, in denen die Kinder aus einer destruktiven Langeweile nicht mehr alleine herausfinden und dann alles auf den Kopf stellen, was nicht niet -und nagelfest ist. Diese Art der Langeweile kann entstehen, wenn Kinder sich zu wenig körperlich betätigen können oder tatsächlich zu wenig Abwechslung besteht. Da vor allem junge Kinder einen starken Drang nach Bewegung haben, sollte dieser befriedigt werden. Erwachsene können sich dem Kind widmen, wenn sie merken, dass ein Bedürfnis grade nicht befriedigt werden kann, z.B. aufgrund einer langen Autofahrt, strömendem Regen etc.
Langeweile ist eine absolut geniale Möglichkeit, im Hier und Jetzt zu sein
Unsere Kinder brauchen uns! Sie wollen die Bindung zu uns und unsere Aufmerksamkeit. Ich beschäftige mich sehr gerne mit meinen Kindern, indem wir zusammen Bücher anschauen, auf der Wiese liegen und erzählen, nähen, backen oder kochen. Auch liebe ich es, Ausflüge zu machen oder andere Länder zu erkunden. Sie dürfen natürlicherweise teilhaben an meinem Leben. Was ich jedoch nicht mache, ist, meinem Kind zwangsläufig und sofort eine Beschäftigung zu geben, wenn ihm langweilig ist. Meine Intension dabei liegt darin, dass ich dem Kind die Chance geben möchte, kreativ zu werden. Ich möchte, dass es nicht verlernt, mit sich selbst zu verweilen. Langeweile ist außerdem eine absolut geniale Möglichkeit, im Hier und Jetzt zu sein. Denn, wenn wir nicht beschäftigt sind, dann müssen wir uns auf die gegebene Situation besinnen und Neues schöpfen oder an Altes anknüpfen. So passiert es, dass mein Kind nach der beschwerlichen Langeweile wieder eintaucht in Spielwelten, auf die Wiese geht und schnitzt oder mir von seinen Ideen erzählt. Eine Zeitdauer festzulegen, wäre sinnlos, denn, das Gefühl von Langeweile kann mal länger und mal

kürzer andauern. Ich möchte eher dazu ermutigen, den Alltagsplan der Kindern bewusst auf wenige feste Termine zu beschränken und möglichst viel Zeit(raum) zu geben für das freie Entfalten.
Jedes Kind findet aus sich heraus die besten Ideen und Lösungen für seine Langeweile
Dass jedes Kind aus sich heraus die besten Ideen und Lösungen für seine Langeweile findet, davon bin ich überzeugt, erlebe ich es doch immer wieder. Dass viele Erwachsene nach dem Schulabschluss Jahre brauchen, um wieder Ideen zu bekommen und um zu wissen, was sie wirklich wollen und ins wirkliche Tun kommen, habe ich bei mir selber erlebt. Dass es so viele Erwachsene und Kinder gibt, die (fast) süchtig nach Bespaßung und Reizen sind, zeugt von einer vollgepackten Kindheit und Jugend. Wie wunderschön es ist, mit sich alleine zu sein, Zeit zu haben für die Umsetzung eigener Ideen, das wurde mir persönlich erst klar, nachdem ich 2008, zehn Tage lang in einem Schweigekloster war und meinen Mund gehalten hatte. In der Zeit dort bin ich anfangs fast wahnsinnig geworden, hatte ich doch völlig verlernt, mit mir zu sein und diese Stille zu genießen!