Wir befinden uns im Hochsommer Deutschlands 2016.
Die Entscheidung zu reisen, wurde von Peter und mir gefällt und seit zwei Monaten befinden sich allerhand Sachen zum Verkauf im Internet. Ich habe alle Hände voll zutun. Baby, Kinder, Chaos. Um kein Angebot von geeigneten Wohnmobilen zu verpassen, lege ich mehrere Suchaufträge bei verschiedenen Portalen an und schaue gefühlte 100 Male täglich in meinen Emailaccount um die Vorschläge nicht zu verpassen. Da ich keinen blassen Schimmer von Autos, geschweige denn von Wohnmobilen habe, lese ich viel und recherchiere im Internet, welche Dinge es zu beachten gilt. Ich finde Listen zum Abhaken und Foren, in denen ich Fragen stellen kann. Ein gebrauchtes Wohnmobil zu kaufen ist ein Spiel mit dem Feuer, wenn du nicht gerade ein KFZ Meister bist.
Bei uns hat das Suchen nach dem passenden Wohnmobil vor allem eins gekostet: Geduld.
Bei der Suchfunktion konnten wir bereits alles eingeben was uns wichtig war. Das maximale Alter des Autos, mit – oder ohne Alkoven, Automatik – oder Handgetriebe, Diesel oder Benziner, nächster TÜV, den Umkreis der Suche und natürlich den maximalen Preis, wobei wir diesen höher ansetzten, denn verhandeln ist auf dem Markt ganz normal und auch die Verkäufer rechnen in den meisten Fällen damit.
Das erste Womo habe ich bereits an der Angel. Es handelt sich um einen sehr gepflegten MB 100. Er scheint perfekt. Allerdings steht er weit entfernt, in Bayern. Egal. Ich schreibe dem Verkäufer eine Email und erfahre im selben Atemzug, dass das Auto bereits reserviert ist. Einige Stunden später ist die Anzeige nicht mehr zu finden und das Womo verkauft. Ich lasse meine Suchmaschinen weiter arbeiten und bin frohen Mutes, dass sich etwas finden wird. So hübsch fand ich das Auto eh nicht, aber praktisch, denn es hatte alles was wir brauchen und das ist nicht wenig: Fünf, in den Papieren eingetragene Sitzplätze, fünf Anschnallgurte und mindestens vier als Drei-Punkt Gurt, unter 3,5 Tonnen schwer, einen Alkoven und mindestens Schlafplatz für eine weitere Person, gerne auch eine Photovoltaikanlage, mit TÜV und bestandener Gasprüfung, wenig Rost, einen guten Unterboden, Diesel und nicht zu viele Kilometer runter (<250.000), zu unserem Budget passend, gepflegter Eindruck auf den Bildern, mit Dusche, ordentlich PS und genug Zuladung von mindestens 600kg, grüne Plakette oder Oldtimerkennzeichen.
Diese Anforderungen an ein Wohnmobil zu stellen sind realistisch, jedoch keinesfalls mit dem Geld, welches wir gespart haben. Ich beginne Abstriche zu machen und störe mich nicht mehr daran, wenn das Auto keine Umweltplakette besitzt oder ohne Photovoltaikanlage verkauft wird. Schon wieder kommt ein Womo in die nähere Auswahl, es ist bereits August, und diesmal rufe ich gleich an. Der Mann amTelefon ist sehr nett und freundlich, auch lässt er sich von mir Löcher in den Bauch fragen. Das Womo ist ein alter Mercedes und gefällt mir optisch sehr. Im Laufe des Telefonats stellt sich heraus, dass es leider keine Duschwanne mehr besitzt und ebenso keinen Anschluss für Wasser im Bad. Da ich nicht vorhabe, mich zum Urmenschen zu entwickeln, kommt dieser Abstrich für mich nicht in Frage und ich streiche das Gefährt aus meinem Kopf.
Eines Tages, es ist Anfang September, frage ich mich, ob wir uns Geld ausleihen sollten, um nach hochpreisigeren Womos zu suchen, denn die Autos in unserem Preisbereich scheinen sehr beliebt zu sein und das eine oder andere wurde bereits verkauft, bevor ich den Hörer in die Hand nehmen konnte. Es ist Sonntag, gefühlte 35 Grad im Schatten, wir haben gerade schön gefrühstückt und ich gehe ohne Hintergedanken ins Internet um Emails zu checken. Peter verzieht sich mit den Kindern ins Spielzimmer um Lego zu bauen, Johanna auf seinem Schoß. Bei einem Anbieter wird mir ein Wohnmobil angezeigt, welches Überlänge hat obwohl es unter 3,5 Tonnen schwer ist. Ein Etagenbett ist vorhanden und natürlich auch ein Alkoven. Der TÜV und die Gasprüfung erst zwei Tage alt und ohne Mängel bestanden, fünf eingetragene Sitzplätze… Ich bin Feuer und Flamme. Das ist es! denk ich mir und renne ins Spielzimmer, um Peter davon zu berichten. Wie er so ist, bleibt er ganz ruhig und sagt, ich solle da erst mal anrufen und dann sehen wir weiter. Erst mal anrufen und nichts weiter tun? O man, mir wird klar, dass er sich noch nie mit diesem Markt auseinander gesetzt hat. Ich nehme den Hörer in die Hand, stehe am Fenster in der Küche, schaue nach draußen in den Garten und mein Körper beginnt noch mehr zu schwitzen, denn ich bin unglaublich aufgeregt.
Ein Mann nimmt den Hörer ab und ich stelle mich kurz vor. Dann stelle ich die Frage, vor deren Antwort ich Bammel habe Ist es denn noch zu haben?…. Ja! Allerdings habe ich sehr viele Anfragen antwortet er mir. Ich spüre, dass ich schnell handeln muss, wenn wir eine reale Chance haben möchten, dieses Auto anzuschauen und zu kaufen. Also frage ich den Mann, ob er uns das Womo bis zum nächsten Abend reservieren würde? Nein, dazu rufen zu Viele an. Höchstens bis heute Nachmittag. Wie bitte? Dass wir 350km weit weg wohnen, es draußen brütend heiß ist und wir drei kleine Kinder haben, ist ihm offenbar egal.
Also gut. Ich renne ins Spielzimmer zu den anderen Familienmitgliedern und verbreite Stimmung. Ich mache mit ganzem Körpereinsatz, in Form von Sprache und Gesten klar, dass wir sofort losfahren müssten. Peter guckt mich an als hätte ich nicht mehr alle Latten am Zaun und weigert sich. Ich kanns nicht glauben und versuche ihm zu erklären, dass wir ja schließlich in zwei Monaten losfahren wollen… Er gibt nach und erklärt sich einverstanden, das Auto vorerst alleine anzuschauen. Ich bin damit gar nicht einverstanden und beginne, Omas und Onkels der Kinder anzurufen, um eine Betreuung zu finden. Natürlich hat niemand spontan Zeit an diesem Sonntag. Irgendwie habe ich es dann geschafft Peter davon zu überzeugen, dass wir alle fahren und nachdem ich einen Korb mit Essen und viel Trinken vorbereitet habe, steigen wir ins Auto ein, fangen an zu schwitzen (denn wir haben keine Klimaanlage) und fragen uns, was wir hier eigentlich machen. Die Fahrt zieht sich! Wir haben Hunger und den Zeitdruck im Nacken. Ich besinne mich und schreibe dem Verkäufer eine Nachricht, wo wir sind und dass wir erst mal was zum Kauen brauchen. Er ist verständnisvoll und ich kann mich entspannen.

Nach fünf Stunden Fahrt kommen wir gegen 17Uhr in NRW an und bestaunen den alten Peugeot. Er macht einen stabilen Eindruck, aber wir entdecken gleich zwei Stellen, an denen das Holz gewellt ist. Auch fehlen zwei Innenfensterteile und von außen sind viele Schrammen und Dellen zu sehen. Dass die Polster mit hässlichstem Omastoff bezogen sind und die Wandverkleidung aus altbackenem Furnier ist, ist uns vorerst egal. Wir machen eine kleine Probefahrt, schauen uns den Unterboden an und haken vor unserem inneren Auge die Kaufliste ab. Danach ziehen wir uns zurück und überlegen. Die Entscheidung für das Wohnmobil fällen wir aus dem Bauch heraus, denn, auch wenn wir uns geschworen hatten, den ADAC Gebrauchtwagencheck durchführen zu lassen, ist dies heute unmöglich weil Sonntag ist. Außerdem schreien die Jungs die ganze Zeit Wir wollen es kaufen, wir wollen, dass ihr das Womo kauft!. Wir legen das Geld cash auf den Tisch, setzen einen Kaufvertrag auf, erhalten Papiere und Schlüssel und verabschieden uns von Karl-Heinz.
Warum Karl-Heinz Karl-Heinz heißt, ist leicht zu erklären. Es war der erste Name, der Peter rausrutschte als wir uns entschlossen ihm einen Namen zu geben. So einfach ist das. Der Name passt aber auch wirklich gut zu dem alten Mann. Wir treten die Heimreise an, mittlerer weile ist es draußen abgekühlt, sodass wir die Wärme im Auto gut aushalten. Noch kurz Abendessen eingekauft und ab geht’s zurück nach Leipzig… Nach Mitternacht sind wir wieder zuhause und die Kinder schlafen bereits. Wir sind dankbar, dass sie so gut mitgemacht haben und scheinbar innerlich wussten, dass diese Aktion notwendig war.
Es ist Montag und Peter begibt sich zur Zulassungsstelle um ein Kurzzeitkennzeichen zu besorgen, denn am darauffolgenden Tag soll er Karl-Heinz abholen gehen. Alles klappt reibungslos und am nächsten Tag setzt er sich früh morgens in den Zug und tritt die Reise an. Es ist bereits später Abend als Peter mit unserem neuen alten Auto Leipzig erreicht. Dass der Alte maximal 95km/h hinlegt wird uns erst jetzt bewusst, macht aber nichts, da wir eh langsam reisen wollen. Es hat uns bisher tatsächlich noch nie gestört.

Am nächsten Morgen rennen die Jungs und ich zum Womo und schauen es uns ganz genau an. Es dauert nicht lang, da stehen die ersten Nachbarn vor der Womotüre und schauen hinein. Genauso begeistert wie wir bekommen wir bereits die erste Anfrage, ob wir ihn auch vermieten würden. Wir sind angetan von der Idee, sagen jedoch nicht fest zu weil wir wissen, dass wir vorerst einige (Schönheits)reparaturen vornehmen müssen.
Mit dem Ausleihen ist es dann nichts mehr geworden, denn als wir begannen Karl-Heinz auseinander zu nehmen, wurde uns das Ausmaß dessen bewusst, was wir vor uns hatten: Wahnsinnig viel Arbeit und extrem wenig Zeit!
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Ja, Katharina, so ist das mit den großen Wünschen und der großen Begeisterung im Dasein. Du r e n n s t noch, wenn Dir was gefällt, was Du haben möchtest. Ich versteh’s, muss aber nun in späten Jahren üben, nicht mehr zu rennen, wenn ich was möchte. Meine Erfahrung : Was m i c h will, kommt von selbst zu mir . Grüsse Martin
Lieber Martin,
vielen Dank für deinen Beitrag. Ja, du hast Recht. Eine Erfahrung, die auch ich in vielen Bereichen meines Lebens schon gemacht habe…Viele Grüße! Katharina