Wir sind haarscharf an einer Katastrophe vorbeigeschrammt

Mir zittern die Hände, meine Fingerspitzen treffen kaum die Tastatur,

meine Augenlider sind ganz schwer und jede meiner Zellen erholt sich nur langsam von dem, was eben bei uns passiert ist.

Gestern Abend sind wir losgefahren Richtung Norden, wir wollen Deutschland etwas näher kommen und sind dazu aufgebrochen. Die Nacht verbrachten wir auf irgendeinem Parkplatz in irgendeiner Stadt, die wir spontan ausgewählt hatten, nachdem Johanna wach wurde und im Bett weiterschlafen wollte. Der heutige Morgen war warm und sonnig, die Kinder gut gelaunt und wir frohen Mutes, endlich an unserem Zielort anzukommen. Nachdem wir anhalten mussten, um ein Kabel der Solaranlage auf dem Dach wieder zu befestigen, denn es klapperte von oben, lenkte Peter den Wagen Richtung Autobahn. Doch am Kreisverkehr bereits fuhr er an einer günstigen Stelle ab und hielt erneut an. Auf meine Frage hin, was er mache, antwortete er, dass er ein komisches Geräusch beim Fahren höre und deswegen einen Rundgang ums Wohnmobil mache wolle. Die Tour war beendet und als wir weiterfuhren, hörten auch wir Anderen das Geräusch. Der Wagen ruckelte stärker als sonst, aber das Geräusch ließ mit höherer Geschwindigkeit nach und war auf Dauer nicht mehr zu hören. Wir gingen davon aus, dass sich das Problem wohl von alleine gelöst hatte oder es reine Einbildung gewesen sein müsse.

Ich schloss meine Augen kurz, denn ich fühlte mich müde und beschloss, ein wenig zu ruhen. Auch die Jungs waren gut drauf, Anton saß vorne bei Peter und unterhielt sich mit ihm,

Autounfall Wohnmobil als Familie
So sieht ein geplatzter Reifen aus..

Jarek schaute aus dem Fenster und Johanna räumte derweil mein Porteponnaie aus und saß zufrieden in ihrem Sitz. Und plötzlich knallte es! Das Auto schoss mit 100 km/h Richtung Leitplanke. War nicht mehr zu lenken, es schepperte überall, puffte und rumste. Ich schrie nach vorne Peter, halt an! Und er rief zurück Ja, mach ich doch! Doch der Wagen machte, was er wollte. Die dreispurige Autobahn wurde zur Gefahrenzone, LKW´s bremsten, Autos machten Peter Platz und er saß hochkonzentriert am Steuer und versuchte, das drei Tonnen schwere Wohnmobil zu beherrschen. Es zog stark nach rechts und links. Nach einer gefühlten Ewigkeit fand das Auto in einer Notbucht zum Stehen. Ich brach in Tränen aus und schrie, ob sich jemand verletzt habe und was passiert war? Peter warf einen Blick aus dem Fenster und sagte, der Reifen sei geplatzt, aber niemand wäre verletzt. Ach du Scheiße!

Wir stiegen alle aus und sahen, dass unser Hinterrad, welches wir neulich erst gewechselt hatten, komplett im Eimer war. Ich zitterte am ganzen Körper und wir nahmen uns erst mal in den Arm, küssten unsere Kinder und dankten dem Universum, dass wir so viel Glück im Unglück hatten. Der Rest der Geschichte ist fast schon unwichtig. Der ADAC kam irgendwann, wechselte den Reifen aus und nun stehen wir 500 Meter weiter an einer Tankstelle und werden hier schlafen. Denn, auch das andere Rad ist schwer beschädigt und wir können keinesfalls weiterfahren. Unser Abwassertank wurde vom geplatzten Reifen stark beschädigt, das Anschlussrohr ist komplett abgerissen und unser Boiler ist kaputt. Die hölzerne Bodenplatte unseres Womos ist an dieser Stelle aufgerissen und muss repariert werden. Wir sind froh, dass es der rechte Reifen war, denn wäre der Linke geplatzt, hätte es uns die Gasflaschen um die Ohren gehauen.

Zwar sehe ich (noch) keinen Sinn in all den Problemen mit unserem Auto und zeitweilig dachte ich, wir müssten unsere Reise komplett abbrechen, doch gerade bin ich einfach froh, dass wir alle wohlauf sind und Peter so wahnsinnig gut die Fassung behalten hat. Wir ruhen uns jetzt erst mal aus und morgen schauen wir, wo es einen weiteren Reifen gibt, der zu uns kommen muss. Ich glaube, ich habe die ganze Sache noch nicht zu Ende realisiert und schreibe diese Zeilen unter Schock. Und dennoch tut es gut, die Worte fließen zu lassen.

Autounfall Wohnmobil als Familie
Auch dieser Reifen ist schwer beschädigt und muss ausgetauscht werden

Dass eine Reise Gefahren birgt, war mir klar, dass wir so unglaublich viel Glück in Notsituationen haben, nicht. Und dass ich kein 100%-iges Vertrauen mehr in Karl-Heinz habe, sollte verständlich sein. Trotzdem werde ich mich wieder hinters Steuer setzen und fahren. Damit ich aus der Angst herausfinden kann. Den Kindern geht es gut soweit. Sie spielen und Johanna übt Laufen. Peter ist gefasst, repariert was machbar ist und heute mein ganz persönlicher Held!

Nachtrag von heute, am nächsten Morgen: Meine Augen füllen sich mit Tränen, wenn ich meine Zeilen lese und ich kann die gestrige Situation noch einmal stärker nachfühlen. Das, was uns passiert ist, wünsche ich niemandem. Sekunden der Todesangst, des Schreckens und der Hoffnung zugleich. Niemand wusste in diesem Moment, ob wir alle heil aus dem Auto steigen werden. Doch irgendetwas hat uns beschützt und dafür bin ich so unglaublich und zutiefst dankbar. Es gibt nur unwichtigeres als meine Familie und unsere Gesundheit!

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4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Oh mein Gott! Ich bin so froh, dass ihr das heil überstanden habt.
    Da hattet ihr aber ganz viele Schutzengel. Schön das es euch wieder besser geht. Passt gut auf euch auf!
    LG

    Antworten
  • Puuuh der Horror! Zum Glück hattet ihr so grosses Glück im Unglück so dass niemandem was passiert ist! Ich hoffe ihr könnt alles schnell wieder in Ordnung bringen und euer Vertrauen in Karl-Heinz wieder aufbauen!
    Alles Liebe
    Veronica

    Antworten
    • lilaranunkel
      15. März 2017 22:12

      Danke, liebe Veronica. Wir sind heute ein gutes Stück weitergekommen und das Auto hat gut mitgemacht! Liebe Grüße!

      Antworten

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